Kein Platz für demokratischen Diskurs. Antidemokratischer Wohlfühlpopulismus bei der GEW-Nordbaden.

Am 6. März 2024 fand in Karlsruhe eine Veranstaltung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Nordbaden statt. Die Veranstaltung richtete sich an Mitglieder, aber auch an die interessierte Öffentlichkeit, so wurde in Karlsruhe mit Plakaten geworben, so dass auch demokratische Kräfte auf die Veranstaltung aufmerksam wurden.

Kern der Veranstaltung war ein Vortrag von Stefan Dietl, in dem er die Wirtschafts- und Sozialpolitik der AfD analysierte, um aufzuzeigen, dass die AfD nicht nur wegen ihres Rassismus schlecht für das Land sei, sondern auch Nachteile für Arbeitnehmer bedeuten würde.

Die AfD stehe für den neoliberalen Umbau der Gesellschaft. Was Dietl außen vor ließ: Inwiefern sich die Wirtschaftspolitik der AfD damit von der Politik der anderen Parteien unterscheidet. Der neoliberale Umbau wurde meines Wissens nach von allen großen Parteien mitgetragen. Als Beispiel nannte Dietl die Forderung nach Abschaffung der Erbschaftssteuer und Senkung der Einkommensteuer und zeigte auf, dass dem Staat damit wichtige Einnahmequellen entzogen würden. Auf die Frage, ob und wo die AfD im gleichen Maße Ausgaben kürzen würde, ging Dietl leider nicht näher ein. Implizit wurde suggeriert, dass die AfD die Kürzungen ausschließlich zu Lasten der sozial Schwachen vornehmen würde. Insgesamt war der Vortrag recht interessant, ließ aber wesentliche Kernpunkte, warum Menschen AfD wählen, außen vor.

In der anschließenden Diskussion gab es immer wieder Versuche der anwesenden Demokraten, dies zu ändern. So sprach ein etwa 40-jähriger Lehrer, der durch den Aufruf der GEW an seiner Schule auf die Veranstaltung aufmerksam geworden war, davon, wie traurig es sei, dass so wenige seiner Kollegen dem Aufruf zur Teilnahme an der Veranstaltung gefolgt seien. Er erklärte dies damit, dass die GEW von der Lehrerschaft als nicht glaubwürdig angesehen werde, da sie sich nur selektiv mit Extremismus auseinandersetze. Homophobie und Antisemitismus würden von der GEW nicht thematisiert und als Problem wahrgenommen, solange sie aus dem islamistischen Spektrum kämen. Er erlebe diese Form des Extremismus sehr häufig an seiner Schule. Nach seinem Beitrag verließ der Lehrer die Veranstaltung. Leider wurde der Beitrag des Lehrers nicht aufgegriffen.

Ein anderer, älterer Lehrer, Manfred (Name von der Redaktion geändert), versuchte es kurze Zeit später erneut. Manfred griff den Titel der Veranstaltungsreihe auf. „Mutig gegen Rechts“ lautet dieser. Manfred ordnet sich selbst dem rechtskonservativen Spektrum zu. Als Christ sind ihm rechte Werte und ein traditionelles Familienbild wichtig. Seit 25 Jahren ist er Mitglied der GEW und hat sich dort bisher auch als „Rechter“ gut aufgehoben gefühlt. Jetzt ist er irritiert. Die GEW richte sich jetzt gegen „rechts“ und damit gegen alles, was nicht „links“ sei und lasse nur eine politische Richtung zu. Zwei der Organisatoren widersprachen Manfreds Äußerung, indem sie darauf hinwiesen, dass man sich hier nicht auf semantische Diskussionen einlassen solle.

Achim betonte in Erwiderung, dass man sich eben mit der Semantik beschäftigen müsse. Man müsse zwischen legitimen „rechten“ Positionen und Rechtsextremismus und Faschismus unterscheiden. Alles andere verstärke nur die Spaltung der Gesellschaft und widerspreche dem Ziel der GEW, die AfD zu schwächen. Das Einzige, was man erreiche, sei ein „gutes Gefühl“, etwas getan zu haben, wie Dietl mit Blick auf die Demonstrationen selbst einräumte. Achim kritisierte Dietl dafür, dass er die AfD als „faschistische“ Partei bezeichnet habe. Achim meint, man könne die AfD durchaus dafür kritisieren, dass sie nationalistisch, völkisch, rassistisch sei. Aber bevor man den Begriff Faschismus verwende, müsse man klären, ob die Partei z.B. das Führerprinzip anwende. Wer leichtfertig historische Parallelen zieht, verharmlost die nationalsozialistische Gewaltherrschaft und greift damit die Grundfeste der Bundesrepublik an.

Leider gingen die Organisatoren der GEW nicht inhaltlich auf Achim ein. In klassisch populistischer Manier wurde ad hominem argumentiert. Ein GEW-Mitglied stand auf und erklärte, Achim sei kein GEW-Mitglied, habe „problematische“ Demonstrationen organisiert und sei darüber hinaus in der GEW nicht erwünscht. Damit fasste er das grundlegende Demokratiedefizit der GEW treffend zusammen: den Mitgliedern wird nicht zugetraut, sich andere demokratische Positionen anzuhören und jeder, der der herrschenden Erzählung des Kapitals widerspricht, ist ein Feind der GEW. Die GEW biedert sich an die Herrschaft des Kapitals an und gibt nur vor, eine Arbeitnehmervertretung zu sein.

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